Millionenschaden: Teppich-Handlung in Lübeck brannte aus
in der Nacht vom 06.01. auf den 07.01.1999

Mehrere Millionen Mark Sachschaden und vier Verletzte: Bilanz der Brandnacht an der Osterweide. Erst bei Tageslicht gestern morgen wurde sichtbar, das die Teppich-Verkaufshalle an der Osterweide nur noch eine schaurige Ruine ist. Mehr als tausend Grad Hitze haben sogar Stahlträger und Wellblechplatten verbogen.

Lübeck – Wieder ein Großfeuer in der Hansestadt: Der "Teppich-Hof" an der Lübecker Osterweide ist in der Nacht zu gestern vollständig abgebrannt. Die Bewohner des Nachbarhauses kamen mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung in die naheliegende Medizinische Universität. Außerdem erlitten zwei Feuerwehrleute Verbrennungen an den Händen. Der Schaden beläuft sich nach ersten Schätzungen auf mehrere Millionen Mark. Mehr als hundert Feuerwehrleute waren im Einsatz. Augenzeugen berichten von einem Flammenmeer, das sich in Sekundenschnelle in der Halle von der Größe eines Fußballfeldes ausgebreitet hat. Das Feuer, glauben sie, muß an mehreren Stellen gleichzeitig ausgebrochen sein. Brandermittler begannen gestern morgen mit den Untersuchungen, die sich äußerst schwierig gestalten. Mitarbeiter des städtischen Bereichs Umweltschutz überprüfen die Brandstelle auf freigewordene Giftstoffe. Auch hier sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. In der Halle, die als Verkaufsraum diente, lagerten Teppiche, Farben und Lacke für den Verkauf. Der "Teppich-Hof" in Lübeck ist eine von sechs Filialien des Unternehmens in Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Der Hauptsitz der Firma ist in Büdelsdorf.
Nachbar Peter Maas watet durch den Schlamm, den das Löschwasser hinterlassen hat, schaut nach seinem Mercedes hinterm Haus. Noch immer züngeln kniehohe Flammen zwischen den verkohlten Teppichen in der Halle, die nur durch eine Auto-Einfahrt von seinem Haus getrennt war. Brandgeruch hat sich in seinem Wohnräumen eingenistet. Scheiben sind zerborsten. Breitgetretener Schlamm trocknet auf den Fliesen im Wohnzimmer. Die Feuerwehr hatte das Dach und die Außenwände des Hauses gekühlt, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Sanitäter hatten den Fliesenlegermeister und seine Partnerin sofort in die Universitätsklinik gebracht. "Wir haben eine Rauchvergiftung", sagt der Handwerker.
Aber auf eigenen Wunsch haben beide das Krankenhaus schon am Morgen wieder verlassen. "Es muß ja irgendwie weiter gehen." In der Werkstatt werkeln seine Gesellen wie jeden Tag. "Ich kann den Betrieb nicht einfach stillegen." Die Frau lag im Tiefschlaf, als der Feuerschein sie weckte. "Ich dachte zunächst, daß an den Schienen gearbeitet würde." Hinter der schmucken Villa verläuft die Bahnlinie nach Mecklenburg. Sie wurde sofort gesperrt.
Acht, zehn Meter hoch hätten die Flammen gelodert. Die Feuerwehr habe Probleme mit der Wasserversorgung gehabt. Die mitgeführten 6000 Liter reichten nur für die ersten Minuten, die nächsten Hydranten stehen jenseits der Ratzeburger Allee, von der die Osterweide abgeht. Nach zweieinhalb Stunden haben die mehr als hundert Einsatzkräfte die größte Gefahr gebannt. Doch zu retten ist der "Teppich-Hof" nicht mehr.
Heiß war es, verdammt heiß. Zwei Feuerwehr-Profis haben sich die Hände verbrannt. "Mehr als 1000 Grad müssen es gewesen sein", sagt Manfred Hellberg vom städtischen Umweltschutz. Der Lack der Feuerwehrautos und der Lieferwagen vom "Teppich-Hof" ist geschmolzen. Für die städtischen Umweltschützer gilt es nun zu klären, wie giftig der Schutt ist, um ihn entsprechend zu lagern.
Umweltschützer Hellberg glaubt, daß die Temperaturen so hoch gewesen sind wie in einer Müllverbrennungsanlage. Viele Giftstoffe seien verbrannt. Und für Kripo-Brandermittler Achim Beuck und seine Leute beginnt eine Sisyphus-Suche nach der Brandursache in diesem rußschwarzen, stinkenden Trümmerhaufen. Noch in der Brandnacht suchte die Polizei nach einem Mann, der in den Gärten hinter der Osterweide verschwand.

Quellennachweis: Lübecker Nachrichten vom 08.01.1999

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