Großalarm – Lübecker Stadtgut brannte lichterloh
am späten Abend des 20.07.1999

Wieder Feuer in St. Jürgen – War es Brandstiftung?

Lübeck
– Ein Großfeuer wütete gestern abend auf dem Lübecker Stadtgut Falkenhusen. Es zerstörte einen reetgedeckten Schuppen und die große, ebenfalls reetgedeckte Scheune. Nur mit Mühe und unter Aufbietung aller Kräfte gelang es der Feuerwehr, das Wohnhaus des Gutes, in dem die Familie des Pächters lebt, zu retten. Menschen waren nach Angaben der Feuerwehr zu keiner Zeit in Gefahr.
Das Feuer war um 20:39 Uhr vom Hof aus gemeldet worden. Als Einsatzleiter Michael Grasnick und die ersten Einsatzkräfte auf dem Gut eintrafen, brannte der Schuppen lichterloh. Fünf Minuten später loderten die Flammen aus der großen Scheune. "Da ist nichts mehr zu halten gewesen", sagte Grasnick. Jetzt setzen die Löschtrupps alles daran, das mit Pfannen gedeckte Wohnhaus zu retten. Ganz abgewendet war die Gefahr bei Redaktionsschluß noch nicht. Die Löscharbeiten dauerten noch die ganze Nacht. Das Wasser, von dem Tausende von Litern in die brennenden Gebäude geschossen wurden, kam zunächst aus nahen Teichen und später aus Groß Grönau. Dorthin verlegte die Feuerwehr eine zwei Kilometer lange Schlauchleitung.
Während die Wehren gegen die Flammen kämpften, machten sich Hunderte von Schaulustigen in Autos, auf Fahrrädern und zu Fuß auf in Richtung Falkenhusen. Viel Arbeit für die Polizeibeamten, die rund um den Brandort die Personalien der Gaffer aufnahmen. Falkenhusen liegt im Stadtteil St. Jürgen, der seit Jahren – vor allem im vergangenen Winter – von einer Brandserie gebeutelt wird. Völlig unklar war gestern abend aber noch, ob wieder ein Feuerteufel in St. Jürgen unterwegs war.
Milch, Wurst und Spargel kauften die Lübecker dort – der Hof Falkenhusen im Absalonshorst war bis kurz nach der Tagesschau am Dienstag abend der Inbegriff einer heilen, bäuerlichen Welt. Geblieben sind nur verbrannte Ruinen.
Ein beißender Brandgeruch liegt über schwarz verkohlten Balken und Dachsparren. Immer wieder fahren die Feuerwehrleute ihre Drehleiter hoch, spritzen Wasser auf die Glutnester – bis in den Abend wachen sie gestern den ganzen Tag. Schon ist der Bagger angerückt, reißt Mauern ein. Die Türen der Kaninchenställe stehen offen. Die Tiere kauern in Büschen, Hühner waten durch Löschwasser. Die Kartoffeln, die der Bauer neben der Scheune lagerte, sind verkohlt. Einige leuchten hellgelb, fast höhnisch, gegart in der Asche. Und Johannes Aewerdick starrt auf die Reste der Fassade über dem alten Kuhstall. Das ziegelrote Dreieck an der Stirnseite ist stehengeblieben. "Das werden sie nun abreißen", murmelt er. Er hatte den Hof von der Stadt gepachtet, hier ist er groß geworden. Hof Falkenhusen, das war sein Leben. Später hat Sohn Jörg die Geschäfte übernommen. Und der steht kniehoch in den Trümmern, eine Beamtin von der Kripo befragt ihn.
Jörg war noch hinausgerannt, als seine Frau diesen Dunstschleier an der Scheune bemerkte. Sie hatten gerade Besuch bekommen. Mit dem Freund riß er das brennende Stroh aus der Scheune, holte Feuerlöscher. Zu spät. Der Funkenflug, getrieben von einem südwestlichen Wind, wirbelte glimmende Halme hinüber zum Stall. "Dann war alles schwarz und voller Rauch", sagte Ehefrau Regina. Sie hatte ihre zweijährige Tochter an sich gedrückt, als die Feuerwehren anrückten. Zum Glück blieb wenigstens das Wohnhaus unbeschädigt.
Das hatten die Männer an den Schläuchen ständig gekühlt. Die Hitze war so gewaltig, daß bei einem Löschfahrzeug das Blaulicht schmolz. 100 Mann waren gleichzeitig im Einsatz, die Berufsfeuerwehr, die Groß Grönauer, die Wehren aus Schlutup, Wulfsdorf, Büssau, Krummesse, Moorgarten, Vorrade, alle waren gekommen. Die Kücknitzer und Vorwerker besetzten gleichzeitig die Hauptwache in der Bornhövedstraße, was gut war, weil kurz vor fünf Uhr der nächste Alarm einging.

Quellennachweis: Lübecker Nachrichten vom 21.07. und 22.07.1999

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